Es fühlte sich gut an, heute morgen einzupacken und loszufahren. Gallipoli hätten wir uns sparen können, so im Nachhinein betrachtet. Aber egal! Auf der Fahrt durch Apulien fiel uns eine neue landwirtschaftliche Besonderheit auf, diesmal keine toten Bäume, sondern unter Plastikfolien versteckte Reben. Die riesigen Weinfelder mit Plastikdächern sahen nicht besonders schön aus, aber es ist wohl notwendig, damit die Trauben saftig, dünnhäutig und süss werden. Apulien ist nämlich das Land der UVA Italia, der leckersten Weintrauben, die nicht im Wein landen, sondern gegessen werden. Alles hat seinen Preis. Dann veränderte sich die Landschaft und es wurde karger. Goldene abgeerntete Weizenfelder leuchteten in der Sonne und es wurde endlich wieder hügeliger. Wir kamen auf einem Hochplateau an, über das ein kräftiger Wind sauste, aber es war herrlich weiträumig und voller Licht. Die Area Camper liegt im Nirgendwo, es gibt einen alten Palazzo mit kleinen Nebengebäuden, ein paar grosse Eichen und einen Feigenbaum, an einer verwitterten Steinmauer standen drei Camper. Ein freundlicher Proprietario begrüsste uns und erklärte uns alles über die Gegend und wie wir nach Matera wandern könnten. Nachdem wir uns eingerichtet hatten, wanderten wir los.
Es ging durch karge Felder bis an den Rand einer Schlucht, die uns von den Sassi (Felsen), aus denen Matera gehauen wurde bzw. aus und auf denen Matera erbaut wurde, trennte. Der Abstieg war nicht schwer. Unten mäanderte ein gemütliches Flüsschen vor sich hin, für dessen Überquerung extra eine Hängebrücke gebaut worden war. Dann stiegen wir hinauf zu den ersten Häusern der alten Stadt. Es lohnt sich, etwas mehr über Matera in Erfahrung zu bringen, denn es handelt sich um eine der ältesten Städte der Welt, ist UNESCO Welterbe sowie Europas Kulturhauptstadt von 2019. Hier gibt es einen Einblick: https://reiseziele.ch/matera-weltkulturerbe-in-der-basilikata/. Wir sahen heute nur einen kleinen Teil der Stadt und waren so ko von der Wanderung, dass wir uns ein Taxi für den Rückweg nahmen. Eins habe ich aber festgestellt: Matera muss man gesehen haben, es ist eine unglaublich schöne Stadt und mich fasziniert die Mischung aus in den Tuffstein gehauenen Wohnhöhlen und darüber und drumherum gebauten Häusern, dieses kreative Durcheinander von Felsen, Mauern, Dächern, Gassen, Treppen. Von einfachen Behausungen bis hin zu reich verzierten Palazzi und vielen Kirchen ist alles auf kleinem Raum auf mehreren Felskuppen zusammengewürfelt, das ergibt eine einzigartige Stadtansicht.
Um Zwanzig Uhr bekamen wir noch eine Führung vom Proprietario in den unteren Teil des Gebäudes, welches hier auf dem Gelände steht. Neben dem Haus hinter einem verrosteten Eisentor ging eine breite Treppe hinunter in einen Hof, der von drei Seiten ummauert war bzw., wie wir nun lernten, in den Stein gehauen war. Hier unten war ein Kamin zu finden, der allerdings aus Pappmaschee bestand, weil er für einen Film als Kulisse diente. "Die Passion Christi" von Mel Gibson wurde unter anderem hier unten gedreht, es stellte das Haus dar, in dem Jesus geboren wurde und als kleiner Junge lebte. Eine noch viel grössere Sehenswürdigkeit wartete auf uns, als wir in eine Höhle gingen, die unter dem Haus lag. Dort gab es einen Schacht von ca. 8 Metern Durchmesser und einer Tiefe von bestimmt Fünfundzwanzig Metern. Kaum zu glauben, aber es handelte sich um ein ehemaliges Eislager. Im Winter wurde der wenige Schnee, den es hier gab, zusammengeschaufelt und in den Schacht geworfen. Dort verfestigte er sich dann zu Eis und wurde verkauft, hauptsächlich für medizinische Zwecke, aber auch an die Gastronomie. Für heute hatten wir genug erlebt - es war ein spannender Tag!