Um 7.30 rief ich in der Werkstatt an und die sagten uns, dass wir vorbei kommen dürften und sie schauen mal, aber für grössere Reparaturen wäre kein Personal da. Das klang so lala, wir liessen uns aber trotzdem das Frühstück schmecken und fuhren daraufhin die 5 Kilometer bis zur Fiat Professional-Garage. Sehr nette Leute empfingen uns auch, sie schickten uns auf einen einstündigen Spaziergang und wir trödelten los bis zum nächsten Kreisel, denn dort gab es eine Drogerie Müller. Endlich hatte ich mal Zeit, gemütlich durch die Regale zur pirschen. Gekauft hab ich dann nur Mückenmittel, weil Roman inzwischen von Giglio angerufen hatte, um uns unter anderem mitzuteilen, dass es viele Moskitos gäbe.
Dann rief uns auch schon die Werkstatt an und informierte uns, dass Pusselines Motor ein update bekommt und dann alles wieder ok ist. So ein Glück! Um 10.30 Uhr starteten wir dann Richtung Splügenpass, dort wartete das Abenteuer enge Haarnadelkurven auf uns.
Ein kurzer Halt in Splügen lag aber vorher noch drin, das Dorf besitzt schöne alte Holzhäuser und auch ein paar für diese Gegend typische Steinhäuser, die verputzt und mit Sgraffiti verziert sind. Bei diesem Kunsthandwerk werden aus einer feuchten, mit hellem Kalkanstrich übertünchten Putzschicht mit Stiften und Messern Ornamente herausgekratzt. Dadurch kommt der darunter liegende, dunklere Kalkmörtel zum Vorschein. Die Motive sind meistens geometrisch, was irgendwie modern wirkt, obwohl diese Technik aus der Renaissance stammt.
Die Kurven meisterte Bo ohne Probleme, obwohl es jede Menge Forumsbeiträge im Internet gibt, die ausdrücklich davor warnen, mit einem Camper über diesen Pass zu fahren. Bis 2.3 Meter Breite ist es überhaupt kein Problem und mit unseren 6.4 Metern Länge war es ohne Rangieren möglich, die Kurven zu fahren.
Die Landschaft Graubündens ist ein Traum. Zuerst sahen wir das liebliche Rheintal bei Malans, später den Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein bei Domat/Ems und schliesslich die romantische Viamala-Schlucht, die wir allerdings hauptsächlich im Tunnel durchfuhren. Die Berge sind wild und schön, zahlreiche Stauseen und bekannte Skigebiete, hauptsächlich aber eine wunderschöne Gegend zum Wandern sind eine Reise wert, aber im Herbst ist es durch die Höhe schnell mal zu kalt. Deshalb wollten wir in den Süden an den Lago di Como, der schon in Italien liegt.
Wir fuhren also von der Passhöhe bei 9 Grad endlos viele Kurven hinunter, teilweise waren die Hänge extrem steil abfallend. Immer wieder klebten Dörfer mit urigen Natursteinhäusern an den Hängen. Und dann kam der Regen. In Chiavenna pieselte es schon ziemlich, am Ufer des Lago di Como entlang ging es fast nur durch kilometerlange Tunnel bis Lecco und als wir endlich am Ziel der heutigen Route, dem schön klingenden Dorf Oliveti Lario ankamen, schiffte es richtig. Das ist so schade, denn der Camping La Fornace liegt direkt am See, vor uns ist ein kleiner Kiesstrand, Liegestühle, Bäume, hier könnten wir SUP-Boarden und fast zwei Tage das Leben geniessen, aber ja, das Wetter, nichts ist möglich und das gehört auch zum Reisen.
Es ist ein langer Abend zum Lesen und Kochen und Kuscheln.
Vermutlich werden wir morgen das Weite suchen und möglichst weit in den Süden fahren, in der Hoffnung auf Wärme und Sonnenschein.